Sonderausstellung

 Brückenhofmuseum

Erst stolpert der Kopf, dann die Seele
In Dollendorf erinnern und mahnen "Stolpersteine"

(bn) Königswinter.
In den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts hatten die Juden in Deutschland Grund, hinterhältiges Gerede zu fürchten, denn das steigerte sich im Deutschland der „Nazi-Zeit" bis zur verbrecherischen Verfolgung und Mord.

Demnig

Gunter Demnig verlegt seit 10 Jahren die Steine, an denen die Gedanken sich stoßen.

Der Kölner Alternativ-Künstler Günter Demnig erinnert seit 10 Jahren an die Opfer, indem er vor ihrem letzten selbstgewählten Wohnort Gedenksteine aus Messing in den Bürgersteig einlässt. 11.500 Steine hat er inzwischen in 232 Städten verlegt. Selten gab es dabei Probleme; etwa dann, wenn der heutige Besitzer das Haus seinerzeit im Zusammenhang mit der Deportation der jüdischen Vorbesitzer erworben hatte. Doch solche Schwierigkeiten gab es in Königswinter nicht. Im Gegenteil. Schon lange bemühen sich die kirchlichen Gemeinden, Vereine, das Brückenhofmuseum und andere um Ermittlung, Aufarbeitung und Versöhnung, und sie entdeckten dabei auch viele gute Beispiele von Solidarität und Hilfe. Bei den Vorbereitungen zur Verlegung der Gedenksteine in Dollendorf haben auch Schüler des CJD mitgeholfen, die Einzelheiten der Verschleppung von Juden aus Dollendorf zusammenzutragen, sodass Demnig eingeladen werden konnte, drei Steine zu verlegen.

Zur Verlegung der Steine waren viele Bürger erschienen, natürlich auch die Schüler des CJD, die bei den Recherchen geholfen hatten, dazu die Konfirmanden aus Ober- und Niederdollendorf und sogar eine Grundschulklasse aus Oberpleis. Der erste Stein ist Karoline Levy gewidmet und liegt nun vor deren damaligem Haus Mühlenstraße 4. Ergriffen hielt
Steeg_stolperstein

Zeitzeuge Günther Steeg mit dem Stein, der seiner Großmutter gewidmet wurde

Günther Steeg unmittelbar vor der Verlegung den Stein in seinen Händen: Karoline Levy war seine Großmutter, 78jährig wurde sie am 28. Juli 1942 verschleppt und starb bald darauf in Theresienstadt. Der schlichte Stein liegt nun im Kopfsteinpflaster. Er ist kein „Grabstein", und gegen seine Verlegung auf Bürgersteigen oder Straßen bestehen keine theologischen Bedenken. Wenn der Kopf und die Seele darüber stolpern, so erfüllt er seinen Sinn, „... und wer die Inschrift lesen will, muss sich verbeugen," sagte ein Schüler. Der nächste Stein wurde in der Heisterbacher Straße 150 verlegt; dort wohnte die Pensionswirtin Frieda Marx geborene Lenkhoff, ermordet 1941 in Minsk. Zwei weitere Steine liegen nun in der Friedensstraße vor dem Haus Nr 5: Dort wohnten einmal Moritz (Moses) Baehr und Settchen (Sara) Baehr geborene Sichler; sie wurden am 14.6.1942 nach Theresienstadt deportiert und starben dort.

Zwischendurch machten im Bungertshof Lothar Vreden, Bürgermeister Peter Wirtz, Dr. Manfred van Rey, Günther Steeg und Gunter Demnig deutlich, was mit den Stolpersteinen erreicht werden soll. Die Steine mahnen auch, frühzeitig zu vermeiden, was zu wachsendem Unrecht führt. Mit heimlichem Gerede hinter dem Rücken der Betroffenen fängt es (harmlos?) an, andere lächerlich machen, ihnen Angst machen, sie bedrohen und schließlich Gewalt gegen sie anwenden, damit ging es in der Geschichte schon oft weiter. Historiker fanden heraus, dass jede Diktatur diese schleichende Steigerung anwendet und nutzt, um ihre Ziele zu erreichen. Sie sind auch der Boden, auf dem leicht eine Diktatur entstehen kann, wo eigentlich noch keine war. Heute nennt man so etwas „mobbing" und hält es für einen Volkssport, glaubt vielleicht, mobbing sei etwas völlig Anderes, Neues, was es noch nie gegeben hätte. Die Steine mahnen, wachsam zu sein! Gerade den „Unpolitischen", die sich um Politik nicht kümmern, die Wegsehen und nicht wissen, wie schnell sie dadurch zu Duldern, bald zu Mitläufern und schließlich sogar zu Handlangern des Unrechts werden können, gerade ihnen setzt Demnig seine Stolpersteine zur Warnung.

Die Initiative zur Verlegung der Stolpersteine wird ausschließlich von Bürgern getragen und aus Spenden finanziert. Jeder Cent hilft. Alles in allem kostet die Verlegung eines Steines ca 95,-Euro.

Rundblick Siebengebirge (online) vom 25.05.2007