Sonderausstellung

 Brückenhofmuseum

Durchs Laubdach soll man die Sterne sehen
HEIMATMUSEUM
Der Brückenhof feiert anlässlich seiner Sonderausstellung das jüdische Sukkot

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Unterm Laubdach: Günther Steeg (rechts), sein Cousin Arno Levi (links) und Lothar Vreden (hinten) stehen den Festbesuchern Rede und Antwort über das jüdische Sukkot und heißen sie bei Wein und Datteln willkommen.
FOTO: FRANK HOMANN

Von
Horst-Dieter Küsters

OBERDOLLENDORF.
Mit in Honig getauchten Apfelstücken wurden die Besucher des Heimatmuseums Brückenhof in Oberdollendorf am Sonntagnachmittag begrüßt. Der Grund für die überraschende Willkommensgabe: Aus Anlass der Sonderausstellung „Jüdisches Leben in Königswinter" wurde im kleinen Vorhof des Museums das Erntedankfest der Juden, das Laubhüttenfest oder Sukkot, gefeiert.
Und während dieses siebentägigen Festes wird jeder Gast besonders verwöhnt. „Das Laubhüttenfest erinnert an den 40-jährigen Aufenthalt der Kinder Israels in der Wüste nach ihrem Auszug aus Ägypten. Während ihrer Wanderung ins Gelobte Land wohnten sie in dieser Zeit in primitiven Hütten, wie es im 5. Buch Mose, Kapitel 16, ab Vers 13 geschildert wird", berichtete Eli Harnik von der israelischen Gemeinde Bonn.
Platz genommen hatte er in einer Laubhütte, die neben dem Museumseingang aufgebaut worden war. „Wie groß diese Hütten sein müssen, wird nicht vorgeschrieben. Nur unter dichten Bäumen dürfen sie nicht stehen, damit man durch ihr Laubdach noch die Sterne sehen kann", erzählte er.
Nicht nur orthodoxe Juden würden Sukkot 14 Tage nach dein Fastentag Yom Kippur feiern. Das siebentägige Laubhüttenfest sei eben ein richtiges Volksfest. Neben der
Laubhütte ist der Festtagsstrauß wichtigstes Symbol von Sukkot. Er besteht aus Etrog, einer Zitrusfrucht, dem Zweig einer Dattelfeige, Myrtenzweigen und Bachweiden. „Die Zitrusfrucht riecht gut und man kann sie essen, die Dattelpalme riecht nicht, hat aber leckere Früchte. Die Myrte bringt keine essbaren Früchte hervor, riecht aber gut, während die Weide weder gut riecht, noch Früchte trägt. Vor Gott sind sie aber alle gleich und deshalb wird der Feststrauch beim Gebet auch in alle vier Himmelsrichtungen gestreckt", erzählte Harnik. Wie das Erntedankfest in Deutschland ist Sukkot ein Fest der Freude und des Dankes.
Die Kinder basteln in der Laubhütte und jeder Gast wird herzlich empfangen. „Außerdem steht immer ein leerer Stuhl bereit für einen biblischen Gast, für Abraham, Isaak, Joseph, Moses oder einen der anderen Patriarchen", berichtete Harnik.
Was die Juden unter Gastfreundschaft verstehen, demonstrierte Gabriele Wasser, die Vorsitzende der Bonner Gesellschaft für Christliche und Jüdische Zusammenarbeit, an dem großen Tisch neben der Laubhütte. Neben dem traditionellen Käsekuchen bot sie den Gästen frische Datteln und koscheren Wein an.
Im Museum hatte Günther Steeg, der als Zeitzeuge maßgeblich am Aufbau der Sonderausstellung beteiligt gewesen war, wie an jedem Sonntag die Betreuung der Besucher übernommen. Dieses Mal aber hatte er für Unterstützung bei den Erzählungen aus seiner Kindheit in Oberdollendorf gesorgt und seinen Vetter Arno Levi, der jetzt in der Nähe von Hanau lebt, eingeladen: „Ich finde die Ausstellung hier im Brückenhof mit den vielen religiösen Exponaten, vor allem aber auch den profanen Gegenständen aus der damaligen jüdischen Gemeinde, einfach fantastisch. Es ist ungemein wichtig, dass die Leute den Alltag der Juden näher kennen lernen", zeigte Levi sich von dem Projekt des Oberdollendorfer Bürgervereins begeistert.
Und Gelegenheit; die jüdischen Feiertage kennen zu lernen, bietet die Gesellschaft für Christliche und Jüdische Zusammenarbeit bereits wieder Anfang Dezember. „Dann feiern wir hier Chanukka, das Fest des achttägigen Lichts, das an die Wiedereroberung Jerusalems durch den Sieg der Makkabäer über die Griechen im 2. Jahrhundert vor Christus erinnert", berichtete Wasser. So wie damals bei der Wiedereinweihung des Tempels der Ölvorrat für einen Tag ganze acht Tage gereicht haben soll, wird jeden Tag, zumeist von Kindern eine Kerze angezündet, bis alle acht brennen.
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Die Sonderausstellung im Brückenhof ist noch bis Rosch Haschana, dem jüdischen Neujahrsfest 5 768 im September nächsten Jahres, an jedem ersten und zweiten Sonntag von März bis September von 14.30 bis 17.30 Uhr, von November bis März nur bis 17 Uhr, zu sehen.

Quelle: General-Anzeiger vom 10.10.2006